Inside Austria

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Der Podcast über die großen und kleinen Skandale Österreichs

Transkript

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00:00:06: Burschenschaften sind verschworene Männerbünde.

00:00:09: Darüber haben wir jetzt in den letzten fünf Folgen gesprochen und die Geschichten von Politikern erzählt, die als Verbindungsmänner Karriere gemacht haben.

00:00:18: Wir hatten aber das Gefühl, dass ein Aspekt in der Serie ein bisschen zu kurz gekommen ist.

00:00:23: Nämlich,

00:00:24: was haben Burschenschaften und Verbindungen mit Männlichkeit zu tun?

00:00:28: Warum gibt es so wenige Damenverbindungen und wie unterscheiden die sich von den Männerbünden?

00:00:33: Über diese Fragen habe ich mit der Wissenschaftlerin Judith Götz gesprochen.

00:00:37: Ihr habt sie kurz in Folge zwei gehört, aber sie hat in dem ganzen Interview noch viel mehr spannende Dinge erzählt, die wir in der Serie aus Platzgründen nicht mehr unterkriegen konnten.

00:00:46: Und deshalb haben wir uns gedacht, wir stellen euch das restliche Interview noch mal als Bonusfolge zur Verfügung.

00:00:51: Ich bin Lucia Heisterkamp vom Spiegel.

00:00:53: Und zu Beginn des Interviews habe ich unsere Gesprächspartnerin gebeten,

00:00:57: sich erst mal vorzustellen.

00:01:03: Mein Name ist Judith Götz und ich arbeite an der Universität Innsbruck im Bereich politische Bildung.

00:01:10: Ich beschäftige mich seit rund zwanzig Jahren mit Rechtsextremismus und da vor allem aus einer geschlechterreflektierten Perspektive.

00:01:17: Das heißt, einerseits beschäftigen mich Sexualitäts- und geschlechtsbezogene Ideologin der Ungleichheit, also sowas wie Sexismus, Antifeminismus, Queerfeindlichkeit.

00:01:28: aber natürlich auch wie Männlichkeiten wie Weiblichkeiten im Rechtsextremismus konstruiert, verhandelt werden und welche Anreize geschlechtsspezifische Angebote da mitwirken.

00:01:39: Und in diesem Zusammenhang habe ich mich auch viel mit Burschenschaften beschäftigt, also da auch vor allem mit weiblichen Verbindungen und aber auch mit den Geschlechterbildern der Geschlechterideologie, die die in diesen Verbindungen verbreiten.

00:01:56: Wenn man sich mit Burschenschaften und Studentenverbindungen beschäftigt, dann merkt man ja sofort, dass die meisten Verbindungen Männerbünde sind.

00:02:04: Warum ist es eigentlich so?

00:02:06: Also grundsätzlich finde ich es wichtig, dass wir auch differenzieren.

00:02:09: Studentenverbindungen bzw.

00:02:11: Studentinnenverbindungen sind sozusagen alle, also das ist der Übertitel.

00:02:16: Und wenn wir uns das dann konkrete anschauen, gibt es auf der einen Seite Verbindungen, die eher deutsch, national, völkisch, national, liberal orientiert sind.

00:02:25: In diesem Fall würden wir von Burschenschaften sprechen und dann gibt es auch noch sehr viele konfessionell orientierte Verbindungen und das Gleiche trifft auch auf weibliche Verbindungen zu.

00:02:35: Und die Frage, warum sich vor allem Männer in dieser Organisationsform betätigen, hat natürlich historische Gründe.

00:02:43: Das heißt, es hat sehr stark auch zu tun mit der Gründung von Universitäten, die ja sehr lange männlich dominiert waren.

00:02:50: Also das Frauenstudium wurde ja viel später erst eingeführt, also Ende des neunzehnten Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts.

00:02:58: Und die Burschenschaften sind ja schon, also zu einem Zeitpunkt, rundherum entstanden.

00:03:05: wo Frauen noch überhaupt nicht zu den Universitäten zugelassen waren.

00:03:09: Und das würde ich sagen ist ein zentraler Faktor, also das sozusagen das studentische einfach männlich geprägt war das studentische Leben, die Universitäten.

00:03:18: Und auf der anderen Seite natürlich auch die Organisationsform selbst hat sehr viel auch mit der Geschichte von männlichen Organisationsformen zu tun.

00:03:28: Also es gibt ja viele Versatzstücke, die irgendwie auch entlehnt sind aus eher so militärischen Strukturen.

00:03:34: Also die Busschenschaften sind ja auch im Kontext der Freikorps entstanden und haben hier auch auch viele von diesen Ritualen und Traditionen, die beispielsweise auch im Militär kultiviert wurden zurückgegriffen.

00:03:47: Und das Militär ist ja auch eine sehr männlich dominierte definierte Sphäre, wo auch erst in den letzten Jahren.

00:03:54: Jahrzehnten mehr Durchlässigkeit für Frauen sich auch abgezeichnet hat.

00:03:59: Und nicht zuletzt würde ich sagen, ist es einfach auch sehr stark mit der Männerbund Idee an sich verbunden, also dass das Selbstverständnis von vielen von diesen Verbindungen einfach sehr stark geprägt ist von Konzepten wie Kameradschaft, Loyalität unter Männern, Bruderschaft unter Männern und da würde ich sagen ist eben wenig Platz für Frauen.

00:04:23: Und ja, man kann sich die Frage stellen, warum das bis heute noch immer so anhält.

00:04:28: Und da würde ich sagen, das ist auch sehr stark in Verbindung mit dem Traditionen zu sehen.

00:04:34: Also viele Kooperationen sehen irgendwie ihre historischen Statuten als unveränderbar und haben sich irgendwie auch gegen jede Welle gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse zu wehrgesetzt.

00:04:47: Das würde ich sagen, ist ein Faktor, warum das bis heute so ist.

00:04:50: Ein weiterer Faktor ist natürlich auch die Geschlechtervorstellungen, die in diesen Verbindungen kultiviert werden, also sind sehr traditionelle Geschlechtervorstellungen, die Männlichkeit sehr stark, mit Härte, Stärk.

00:05:05: Wehrhaftigkeit verbinden und auf der anderen Seite Frauen sozusagen als komplementär und hierarchisch zu diesen Männlichkeitsbildern denken.

00:05:15: Das bedeutet, dass es auch ganz klare Vorstellungen gibt, wie Frauen zu sein haben, wie Männer zu sein haben.

00:05:22: Und nachdem Frauen eben hierarchisch, also den Männern untergeordnet, gedacht werden und komplementär als die Männer ergänzend, sollen die folglich auch alle Aspekte verkörpern, die von Männern nicht erfüllt werden.

00:05:37: Das heißt, Weiblichkeit wird dann halt eben mehr mit Sozial-, mit Fürsorge-, mit einfach so klassischen Rollenbildern verbunden.

00:05:45: Und eben die Vorstellung, dass das gleichberechtigte Mitglieder im Männerbund sein könnten, die ist nach wie vor in diesen Verbindungen undenkbar.

00:05:55: Und Weiblichkeit wird auch als Drohung konstruiert.

00:05:59: Also das sozusagen diesen vermeintlichen Naturzustand.

00:06:02: des Männerbundes verunsichern würde, dass dann Männer zueinander in Konkurrenz treten würden, dass das den Männerbund stören würde, die Anwesenheit von Frauen.

00:06:12: Und deswegen ist es bis heute so, dass Frauen zwar nicht gänzlich von diesen Verbindungshäusern und Aktivitäten ausgeschlossen sind, aber nur zu sehr ausgewählten Anlässen dann tatsächlich auch diese Verbindungshäuser besuchen können.

00:06:27: Also bei der Mensur zum Beispiel, diesen Fechtkämpfen, da dürfen Frauen ja auch noch nicht mal zuschauen.

00:06:32: Aber es gibt ja auch tatsächlich einige wenige Damenverbindungen.

00:06:36: Wie unterscheiden sich die denn von den Männerbünden?

00:06:39: Also historisch gesehen ist es so, dass sich die ersten Damenverbindungen bereits gegründet haben, als der Zugang zu den Universitäten für Frauen geöffnet wurde.

00:06:50: Und da beschreiben Studentinnen dieser Zeit grundsätzlich, dass das Klima an den Universitäten eigentlich unerträglich war und dass insbesondere männliche Mitglieder von Studentenverbindungen ihnen das Leben schwer gemacht haben, weil die eben eine Verweichlichung, Verweiblichung der Universitäten befürchtet haben und auch sehr stark von der Vorstellung ausgegangen sind, dass Frauen intellektuell minderwertig sein und dass die Universitäten als diese elitären Orte die im nur einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht vorenthalten sind, dass durch weibliche Studierende auch bedroht werden würden.

00:07:28: Und bis heute ist es so, dass Damenverbindungen zahlenmäßig deutlich kleiner sind und wie ich schon erwähnt habe, auch jünger als die klassischen Männerbünde.

00:07:38: Grundsätzlich ist es auch so, dass zu Beginn, also als Frauen zu den Universitäten zugelassen wurden, es wirklich sehr, sehr viele weibliche Verbindungen gegeben hat.

00:07:46: Das hat bis zu vier Dachverbände gegeben und sehr viele weibliche Studierende waren in diesen Verbindungen organisiert.

00:07:54: Dann kam der Nationalsozialismus, da gibt es unterschiedliche Erzählungen darüber, also Burschenschaften behaupten heute oft, dass sie verboten gewesen seien während des Nationalsozialismus.

00:08:05: die vielleicht etwas korrektere Einordnung wäre, dass gerade die Ideale für die die deutschen nationalen Burschenschaften gestanden sind.

00:08:13: eigentlich im Nationalsozialismus verwirklicht worden sind und dementsprechend sich viele Verbindungen freiwillig aufgelöst haben und in den NS-Aparat eingegliedert haben.

00:08:24: Und insbesondere in Bezug auf Damenverbindungen und Mädelschaften haben sich nach nineteenhundertfünfundvierzig nur mehr sehr wenige wieder begründet.

00:08:32: Also das heißt, von diesen florierenden Zahlen vor dem Zweiten Weltkrieg kann man danach nicht mehr reden.

00:08:39: Also in Österreich waren das wirklich nur sehr wenige, die sich da dann über überhaupt erst in den Achtzigern wieder begründet haben.

00:08:46: Und in ihrer Entstehungsphase war es so, dass sie ja kaum irgendwie auf Vorbilder zurückgreifen können.

00:08:51: Das heißt, sie haben sich sehr stark an den männlichen Verbindungen orientiert, haben viele von deren Traditionen übernommen, also beispielsweise das Lebensbundprinzip, dass man, wenn man einmal eintritt, dann eigentlich ein Austritt nicht vorgesehen ist.

00:09:05: Nur die Verbindung kann irgendwie beispielsweise aufgrund von unärmhaften Verhalten jemanden ausschließen.

00:09:12: freiwilliger Selbstaustritt ist eigentlich nicht vorgesehen.

00:09:15: Und auch in Bezug auf die Hierarchien, die es in diesen Verbindungen gibt, haben sich weibliche Verbindungen sehr stark an den männlichen Vorbildern orientiert.

00:09:24: Beispielsweise, also in den männlichen Verbindungen fängt man ja als Fuchs auf Bewährung, auf Probe an, wird dann über die Burschung zum Bursch und dann, wenn man das Studium abgeschlossen hat und in der Gesellschaft was erreicht hat, wird man dann zum alten Herrn.

00:09:39: Und in den Damenverbindungen ist es ähnlich.

00:09:42: Also man fängt als Fäh, das ist das weibliche Equivalent zum Fuchs an, muss sich dann halt bewähren und wird dann über die Mädelschaftsprüfung zum Mädel und später dann Zur hohen Dame, nicht zur alten Dame, ja auch die Traditionen, wie das Liedgutsfarben tragen, also sprich den Wix mit den Bändern, da wurde vieles von den männlichen Verbindungen übernommen.

00:10:06: Wie sieht es denn so mit der Ideologie in den weiblichen Verbindungen aus?

00:10:10: Beziehungsweise den politischen Einstellungen, sind die auch ähnlich wie bei den Männerbünden?

00:10:15: Natürlich gibt es auch in den Damenverbindungen sehr unterschiedliche politische Positionierungen.

00:10:22: Es gibt konfessionelle Verbindungen, es gibt eher völkische, deutschnationale Verbindungen.

00:10:29: Und hervorstechend ist schon bis heute, dass sich viele von den Damenverbindungen vordergründig als unpolitisch beschreiben, was natürlich insofern nicht zutreffend ist, als dass es sich ganz klar in eine Tradition stellen, die höchst politisch ist.

00:10:46: Das würde ich sagen einerseits, also die Geschichte, die Traditionen, also auch wenn man sich die Leitsprüche beispielsweise von den Verbindungen anschaut, wo dann so was wie ihre treue Vaterland oder ähnliche Sprüche die Verbindungen auch prägen, dann sind das ja höchspolitische Konzepte.

00:11:04: Insofern lässt sich das natürlich unpolitisch nicht halten.

00:11:09: Grundsätzlich ist es trotzdem so, es gibt viel weniger Verbindungen.

00:11:13: Diese Verbindungen funktionieren zwar auch ab und an als Karrierenetzwerk, aber definitiv nicht so stark wie bei männlichen Verbindungen.

00:11:21: Und als weiteren Aspekt würde ich sagen, dass der Hauptunterschied zwischen den Männerverbindungen oder vor allem den Burschenschaften und den Damenverbindungen das Wesen der Mensur ist.

00:11:32: Also das darf man sich nicht so vorstellen wie irgendwie die drei Musketiere, die da irgendwie gegeneinander mit dem Sebel kämpfen, sondern bei der Mensur geht es halt wirklich um die Herausbildung von einer Person, die bereit ist, sich für die Prinzipien der Verbindung aufzuopfern.

00:11:50: die eigene körperliche Unversehrtheit hinten anstellt.

00:11:54: Und bei diesem Ritual der Mensur ist es eben so, dass der Sebel von oben auf einen hereinprasst.

00:12:00: Und es geht eben nicht darum, sich gut zu schützen, auszuweichen, möglichst körperlich unversehrt zu bleiben, sondern im Gegenteil, man muss beweisen, dass man standhaft ist, dass man kein Weicher ist, dass man nicht zurückweicht, dass man bereit ist, sich für die Verbindung und ihre Prinzipien aufzupfern.

00:12:19: entsprechend wären auch die Schmisse, die eben passieren, wenn es ein Wurschenschafter jetzt nicht schafft, mit dem Sebel den Schlag abzuwehren, dass die nicht als irgendwie Zeichen der Schwäche oder ich habe hier nicht gut gekämpft verhandelt werden, sondern diesen Ausdruck eben von Stärke, von Mannhaftigkeit, weil es bedeutet, man hat den inneren Schweinehund überwunden, weil es nicht zurückgewichen, man hat gezeigt, dass man den Mann einsteht.

00:12:47: Und da geht es eben ganz stark auch um Ehre und das ist genau auch der Hauptaspekt, warum Frauen keine Mentzuren fechten oder es ihnen eigentlich historisch untersagt war, weil die Vorstellung von Ehre auch etwas sehr männliches ist, also sprich die Fähigkeit, Ehre in sich zu tragen und Ehren nach außen hin verteidigen zu können.

00:13:12: ist etwas, was exklusiv Männern vorenthalten war.

00:13:16: Frauen werden mit bestimmten Ehrvorstellungen verknüpft, aber eben nicht so stark in Bezug auf Waffenehre, sondern oftmals eher in Bezug auf Tugendhaftigkeit oder in Bezug auf den guten Ruf.

00:13:29: Okay, also die Ehre von Frauen brückt sich nicht durch Stärke aus, sondern eigentlich eher durch das Gegenteil, durch Zurückhaltung.

00:13:35: Genau, das heißt Frauen fechten diese Mensuren nicht bzw.

00:13:39: haben das sehr lange nicht getan und insofern ist dieses Ritual der Mensur eines der Hauptmerkmale des männliche und weibliche Verbindungstypen voneinander unterscheidet.

00:13:52: Interessant ist, dass es inzwischen ein paar weibliche Verbindungen in Deutschland gibt, die von sich behaupten, dass sie auch Mensuren fechten.

00:14:02: Das ist unterschiedlich belegt, aber hier hat sich auf jeden Fall ein bisschen was getan, würde ich sagen, ob das jetzt so emanzipatorisch und fortschrittlich ist, dass auch Frauen sich da freiwillig selbst versehen, ist eine andere Frage oder freiwillig da verletzen lassen.

00:14:20: Ich denke, dass vielleicht noch ein Aspekt auch spannend ist, wie das argumentiert wird, weil neben diesen, dass Frauen die Fähigkeit, Ehre in sich zu tragen und nach außen hin zu verteidigen abgesprochen wird, kommen auch noch eine Reihe von sexistischen Argumenten, also sprich, dass Frauen körperlich in der Lage sind, dass Frauen viel zu hübsch sind, um Mentzuren zu fechten.

00:14:43: Also, dass eine Narbe im Gesicht ja nicht zu dem schönen Erscheinungsbild von Frauen passen würde.

00:14:50: Und das sind auch Argumente, die da immer wieder in Stellung gebracht worden sind.

00:14:55: Als wir zu weiblichen Verbindungen recherchiert haben, da sind wir auch schnell auf die Burschenschaft Hysteria gestoßen.

00:15:01: Das ist ja eine Verbindung, die sich selbst als matriarchale Burschenschaft beschreibt.

00:15:07: Das Matriarchat, das müssen wir vielleicht kurz erklären, steht quasi im Gegensatz zum Patriarchat.

00:15:12: Das heißt, Frauen haben die Macht, um es jetzt ganz vereinfacht zu sagen.

00:15:15: Das bekannteste Gesicht der Hysteria ist oder war die österreichische Autorin Stephanie Sargnagel.

00:15:21: Aber vielleicht kannst du uns ja noch ein bisschen mehr darüber erzählen, Wer oder was hinter der Hysteria steckt?

00:15:27: Also die Burschenschaft Hysteria ist eine materialale Burschenschaft, die von sich behauptet, die älteste Burschenschaft zu sein, nämlich schon achtzehnzehn gegründet worden zu sein.

00:15:38: Und die Hysteria ist ja nicht die einzige materialale Burschenschaft, also es gibt inzwischen sehr viele, die unterschiedlich aktiv sind.

00:15:46: Allein in Österreich gibt es noch zum Beispiel die Furia zu Innsbruck, dann gab es auch die Tyrannia zu Graz, die Infamia zu Linz gibt es auch nach wie vor.

00:15:57: und auch in Deutschland sind noch zahlreiche andere entstanden wie die Molestia zu München, die Gynokratia zu Frankfurt, die Furia zu Berlin, die Letagia zu Jena und die Lassivia zu Leipzig.

00:16:12: Also es gibt hier ein ganzes Netzwerk von materialen Burschenschaften und ja auch in der Hysteria oder in den materialen Burschenschaften von William Witz Algemeiner.

00:16:23: gibt es ähnliche Rituale, Hierarchien und Werte.

00:16:27: Allerdings, würde ich sagen, sind diese stärker feministisch und subversiv interpretiert oder adaptiert.

00:16:35: Das heißt, dass materiale Burschenschaften einfach auch die Struktur und die Symbolik der falschen Burschenschaften, wie Mitglieder der Hysteria, sagen würden, übernommen haben bzw.

00:16:47: diese Traditionen auch pflegen.

00:16:51: Aber Die Schwerpunktsetzungen sind sozusagen andere.

00:16:55: Es geht nicht um die Aufrechterhaltung eines patriarchalen Gesellschaftsmodells, sondern die Förderung einer materialen Gesellschaft.

00:17:03: Es werden viele Argumente, die wir klassisch aus dem Antifeminismus kennen oder wirklich auch Müsuguene Argumente umgekehrt, beispielsweise in der Forderung, das Männerwahlrecht einzuschränken, weil Männer intellektuell oder manche Männer nicht in der Lage sind, irgendwie eine vernünftige Entscheidung zu treffen.

00:17:24: oder auch die Forderung nach einer Frauen- und Transgenderquote in öffentlichen Ämtern etc.

00:17:31: wird dazu genutzt.

00:17:32: eigentlich das, was wir von den traditionellen Burschenschaften an ideologischem Gedankengut kennen, bewusst zu überspitzen, ins Extreme zu treiben, um dadurch letztlich auch die patriarchalen Strukturen und die patriarchale Ideologie traditioneller Verbindungen einfach zu kritisieren, zu hinterfragen bzw.

00:17:53: sichtbar zu machen, worauf eigentlich diese Ideologie hinausläuft.

00:17:59: Insofern ist die Hysteria und andere materiale Verbindungen sicher auch als eine Art feministische Kritik an traditionellen Burschenschaften zu sehen, indem sie halt auf die problematischen Aspekte von diesen Verbindungen aufmerksam machen durch so eine überspitzte Übernahme und Umkehrung.

00:18:22: Wir haben uns mal bei YouTube angeschaut, was die Hysteria so macht.

00:18:25: Dafür findet man zum Beispiel ein Video aus dem Jahr, wo der ORF über die Hysteria berichtet.

00:18:31: Wir können ja mal reinhören.

00:18:33: Bis heute kämpft Hysteria mit der Macht des Uterus für das goldene Matriarchat.

00:18:39: Was die Hysteria antreibt, ist kein Männerhass, ganz im Gegenteil.

00:18:42: Wir haben generell sehr konservative Rollenbilder.

00:18:47: Der Mann gehört eben in die Sphäre des Privaten.

00:18:50: Also der Haushalt, die Kinderfürsorge und als aufmerksamer Liebhaber ist der Matriarchat stets zu diensten.

00:18:59: Also für mich klingt es schon erstmal sehr nach Satire.

00:19:02: Ist es

00:19:03: das?

00:19:03: Alle Verbindungen würden auf jeden Fall vehement bestreiten, dass es sich da um satire Projekte handelt.

00:19:10: Also insbesondere die Hysteria hatte ja wirklich auch eine Buddha mit regelmäßigen Treffen und politischen Aktionen, die Verbindung, die auch noch sehr aktiv ist, ist zum Beispiel die Furia zu Innsbruck.

00:19:24: Die haben letztes Jahr auf sehr problematische Faschingsrituale hingewiesen, indem sie eine eigene Fastnacht organisiert haben, wo in Anlehnung an so ein Ritual, das nennt sich Altweibermühle, wo alte Frauen reingesteckt werden und dann junge, hübsche Frauen rauskommen.

00:19:44: Das wurde auch verkehrt in dem, zum Beispiel Donald Trump oder Ellen.

00:19:48: Maske in diese Männermühle, die von der Furia gebaut wurde, reingesteckt wurde und da sind Drag Queens rausgekommen.

00:19:56: Es gibt auch so was wie Vereinsleben, es gibt zusammenkünfte, feste Veranstaltungen, wo deutlich wird, dass es jetzt nicht nur um hier und wieder Öffentlichkeit zu bekommen geht, sondern da auch alltägliche Arbeiter hintersteckt.

00:20:12: Die Hysteria hat auch immer wieder mit so gezielten Stör-Aktionen im Burschenschafter-Milieu für Aufmerksamkeit gesorgt.

00:20:18: Zwei-tausend-sebzehn haben sich zum Beispiel einige Mitglieder beim sogenannten Akademiker-Ball in Wien eingeschleust.

00:20:24: Das ist ja dieses jährliche Tanz-Event der Burschenschafter und haben dort die Fahne der Hysteria gehisst.

00:20:31: Wie haben denn die patriarchalen Burschenschafter auf solche Aktionen reagiert?

00:20:36: Gab es da auch Drohungen oder womöglich sogar Klagen?

00:20:40: Meines Wissens nach gab es jetzt nie Klagen, dass Puschenschaften die Fisteria oder andere geklagt hätten.

00:20:47: Ich glaube, dass es auch vermutlich gar nicht so einfach, gerade weil eben die Hystere in der Öffentlichkeit auch so als Kunstprojekt, als als Tierprojekt gehandhabt wird und dann eben hier es vorrangig darum gehen könnte, wie weit kann Kunst gehen und wird schon sagen, dass die Hystere eine fundamentale Gesellschaftskritik betrieben hat, aber gleichzeitig, die ja jetzt nicht irgendwelche Grenzen überschritten hat.

00:21:11: Wird jetzt sagen, es ist jetzt nicht so, dass die Burschenschaften sich so positioniert haben, aber es gab halt zum Beispiel auf Social Media so Hashtags wie Linke Weiber aus Nocken oder halt Gewaltandrohungen gegen einzelne Aktivistinnen, gerade irgendwie.

00:21:26: Stefanie Sagnagel bzw.

00:21:29: Sprenghilde, wie ihr Burschenname ist, hat sehr viele Shitstorms immer wieder bekommen.

00:21:36: Das heißt, es wird schon deutlich, also gefreut haben sie sich nicht drüber.

00:21:40: und wie es halt so im Hinblick auf die Inburschenschaften.

00:21:45: praktizierten Rituale, also die ja auch sehr gewaltvoll sind, finde ich ist auch es wenig verwunderlich, dass auch Gewaltandrohungen dann daraus resultieren.

00:21:56: Also da geht es halt schon auch ganz klar wieder darum Frauen an ihren Platz zu weisen, sie einzuschränken, sie zu bedrohen und mit Gewalt, also vielleicht jetzt nicht direkt da physischer, aber zumindest mit der Androhung zu reagieren.

00:22:12: Matriarchale Burschenschaften scheinen also definitiv zu provozieren im Burschenschaftermilieu.

00:22:17: Judith Götz, vielen Dank für die spannenden Einblicke in die weibliche Verbindungsszene.

00:22:22: Die Burschenschaft Hysteria scheint heute übrigens nicht mehr aktiv zu sein.

00:22:26: Aber es gibt ja noch eine Reihe weiterer matriarchaler Burschenschaften in Österreich und Deutschland.

00:22:31: Ich würde zum Schluss noch gerne von euch wissen, interessiert euch dieses Thema.

00:22:35: Sollen wir für eine Follow-up-Folge vielleicht mal eine matriarchale Burschenschaft oder eine Damenverbindung besuchen?

00:22:40: Schreibt uns das gerne in die Kommentare.

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00:23:28: nur zu dieser Folge.

00:23:30: Danke an Christoph Neuwirt für die Produktion.

00:23:32: Ich bin Susia Heisterkamp und sage

00:23:34: tschüss und baba.