Der Podcast über die großen und kleinen Skandale Österreichs
00:00:04: Bevor es losgeht, ein Hinweis.
00:00:06: In dieser Folge geht es teilweise um extreme Gewalt.
00:00:09: Weiß euch die Schilderungen zu stark belasten, es gibt am besten die Stellen.
00:00:13: Oder hört die Folge nicht allein.
00:00:15: Und jetzt geht's los.
00:00:20: Wir beginnen im Februar.
00:00:23: In wenigen Wochen wird der zweite Weltkrieg enden.
00:00:27: Die Wehrmacht wird kapitulieren.
00:00:29: Die Alliierten werden die Konzentrationslager befreien.
00:00:33: die die Nationalsozialisten in Deutschland und anderen europäischen Ländern errichtet haben.
00:00:38: Aber noch ist die Vernichtungsmaschinerie der Nazis in vollem Gange.
00:00:43: Auch in Mauthausen.
00:00:45: Das liegt näher von Linz.
00:00:47: Hier steht das größte Konzentrationslager auf österreichischem Gebiet.
00:00:52: Fast zweihunderttausend Gefangene werden in Mauthausen und seinen Außenlagern insgesamt untergebracht.
00:00:59: In der Nacht zum zweiten Februar, da passiert hier etwas, das wohl niemand für möglich gehalten hätte.
00:01:06: Über vierhundert Heftlinge überwinden die Mauer und den Stacheldraht und fliehen aus dem Konzentrationslager.
00:01:13: Es ist der größte dokumentierte Ausbruch aus einem KZ überhaupt.
00:01:18: Als die SS den Ausbruch bemerkt, ruft sie zur Jagd auf die Flüchtenden auf.
00:01:25: Und dann haben sie Der Name gegeben.
00:01:30: Drum
00:01:30: ist der Name.
00:01:32: Wir
00:01:33: jagen sie wie die Hasen.
00:01:37: Die Mühlviertler Hasenjagd.
00:01:39: Unter diesem zynischen Namen der Nazis geht die Menschenjagd
00:01:43: in die Geschichte ein.
00:01:45: Im Mühlviertel, der Gegend um das Konzentrationslager, beginnt eine kaltblütige Hetzjagd.
00:01:51: Ganz normale Bürger beteiligen sich, treiben die Flüchtenden zusammen und ermorden
00:01:56: sie.
00:01:56: Was auch für mich eine ganz, ganz wichtige Erkenntnis
00:01:59: war, ist, dass alle diejenigen,
00:02:01: die
00:02:02: wirklich selbst zu murdern wurden,
00:02:04: die selbst
00:02:05: und die Menschen getötet
00:02:06: hatten, das
00:02:08: bis zu einem gewissen Grad
00:02:09: aus eigenem Antrieb
00:02:10: taten.
00:02:13: Ich bin Lucia Heisterkamp
00:02:14: vom Spiegel
00:02:15: und ich bin Antonia Raut vom Standard.
00:02:17: In dieser Miniserie von Inside Austria sprechen wir über die Menschenjagd im Februar, und was sie über Österreichs Rolle im Nationalsozialismus zeigt.
00:02:28: Es geht um die Frage, wie viel die Zivilbevölkerung über die Verbrechen der Nazis wusste, welchen Anteil ganz normale Bürger daran hatten.
00:02:36: Und um die Geschichte einer Familie, die entscheidet sich, den Befehlen der SS zu widersetzen.
00:02:52: Das ist Folge eins, das Lager.
00:03:02: Ein kalter Vormittag im November, twenty-fünfundzwanzig.
00:03:06: Antonia und ich sitzen im Auto auf dem Weg nach Mauthausen.
00:03:10: Eine weiße Schicht Raureif liegt über den Feldern, die im Fenster vorbeiziehen.
00:03:15: Die Landschaft sieht hübsch aus.
00:03:17: Weite Wiesen, Wald, ab und zu ein Bauernhaus.
00:03:20: Große Vierkanthöfe.
00:03:23: Mir kommt die Vater ein bisschen vor wie eine kleine Zeitreise.
00:03:26: Ich war als Schülerin schon einmal in der Gedenkstätte Mauthausen, in der achten Klasse.
00:03:31: In Deutschland wird man, glaub ich, sagen in der zwölften Klasse.
00:03:34: Von Tirol sind wir extra mit einem Bus nach Oberösterreich gefahren.
00:03:38: Bei dem Besuch haben wir auch von der sogenannten Hasenjagd gehört.
00:03:42: Ich weiß noch, wie sehr mir dieser Besuch in Mauthausen damals unter die Haut gegangen ist.
00:03:47: Ja, ich war als Schülerin auch schon mal in der KZ Gedenkstätte in Dachau bei München.
00:03:52: Aber mit den Konzentrationslagern in Österreich und überhaupt den österreichischen NS-Kriegsverbrechen habe ich mich die meiste Zeit über gar nicht beschäftigt.
00:04:00: Mich hat auf Mauthausen ein Freund von meinem Vater aufmerksam gemacht.
00:04:04: Dieser Freund kam aus Linz und ist an Krebs erkrankt.
00:04:08: Kurz vor seinem Tod hat ihn das Gedenken an Mauthausen und die Menschenjagd noch mal sehr beschäftigt.
00:04:15: Und als ich mit meinem Vater darüber gesprochen habe, da ist mir aufgefallen, wie wenig ich über Mauthausen weiß.
00:04:21: Von der sogenannten Mühviertelhasenjagd hatte ich ehrlich gesagt noch nie gehört.
00:04:25: Bei mir ist das anders.
00:04:26: Der Ausbruch aus dem KZ und diese Menschenjagd war bei uns schon Teil des Schulstoffs.
00:04:31: Allerdings erst relativ spät in der Oberstufe, soweit ich mich erinnern kann, also kurz vor dem Abschluss.
00:04:37: Ehrlich gesagt habe ich mir auch das meiste Wissen über diese Zeit in Österreich eher auf anderen Wegen angeeignet.
00:04:43: Über Bücher, Dokus.
00:04:45: Und im Gespräch ist uns dann ja noch was aufgefallen.
00:04:48: Nämlich, dass wir im Podcast sehr oft über Neonazis und NS-Verherrlichung sprechen, Aber nur sehr selten über das, was Rechtsextreme da eigentlich gut heißen oder teilweise sogar zurück haben wollen.
00:05:01: In Österreich hält sich ja außerdem zum Teil bis heute der Mythos, dass wir das erste Opfer der Nazis waren.
00:05:07: Doch die Geschichte der sogenannten Müllviertler Hasenjagd ist ein Beispiel dafür, bis sich auch ganz normale Zivilisten an den Verbrechen der Nationalsozialisten beteiligten.
00:05:17: Wir wollen in dieser Podcast-Serie deshalb die Ereignisse von damals nochmal rekonstruieren.
00:05:22: Dazu fahren wir an den Ort, an dem vor mehr als achtzig Jahren alles beginnt.
00:05:27: Mauthausen in Oberösterreich, knapp zwanzig Kilometer von Linz entfernt.
00:05:35: Ah ja, da sieht man das Erinnerungsstraße.
00:05:39: Wir fahren eine Straße hinauf.
00:05:41: Nebel hängt über den Wiesen.
00:05:43: Plötzlich taucht vor uns eine hohe, langgezogene Mauer auf.
00:05:47: Graue Steine, Türme, Stacheldraht.
00:05:50: Dahinter liegt das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen.
00:05:55: Wenn ihr jetzt vielleicht diese Gedenkstätte des ehemaligen Kacets so anschaut, woran ihr innerdrecht ist.
00:06:01: Wir treffen hier Ferdinand Zachuber.
00:06:04: Er studiert Geschichte und arbeitet in der Gedenkstätte.
00:06:07: Normalerweise führt er hier Gruppen herum, vor allem Schulklassen.
00:06:11: Heute zur Abwechslung mal zwei Journalistinnen.
00:06:13: Auch mit Bezug auf die Aussicht.
00:06:16: Die Mauern liegen auf einer Anhöhe.
00:06:18: Trotz des Nebels hat man einen weiten Blick ins
00:06:20: Tal.
00:06:21: Das ist wirklich einzigartig.
00:06:24: an Mauthausen oder immer das Paradoxe, wie in dem Müllviertel ist diese wunderschöne Landschaft.
00:06:29: Und auf einmal erhebt sie da, erheben sie da diese festungsartigen Mauer und so.
00:06:33: Tatsächlich wirkt der Bau von hier oben ein bisschen wie eine Festung.
00:06:37: Und das ist kein Zufall, sagt Ferdinand.
00:06:39: Da sind wir genau beim wichtigen Punkt, nämlich wie der Blick auf diese Lager damals war.
00:06:44: Und das sehen wir eben ganz gut an diesen monumentalen Bauten, an dieser vielleicht auch wirklich ein Statement.
00:06:50: Man zeigt es her, man versteckt es nicht.
00:06:54: Um das richtig zu verstehen, müssen wir uns noch mal den zeitlichen Kontext in Erinnerung rufen.
00:06:59: Am zwölften März, in Österreich marschieren deutsche Truppen ein.
00:07:04: Sie werden dort begeistert begrüßt.
00:07:07: Drei Tage später verkündet Hitler auf dem Heldenplatz in Wien den Anschluss seiner Heimat an das Deutsche Reich.
00:07:30: Ja, auch wenn wir in Österreich das ziemlich lange gut unter den Teppich gekehrt haben, Hitler war Österreicher.
00:07:36: Ich glaube, in Deutschland weiß es tatsächlich fast jeder.
00:07:39: Ja, in Österreich weiß man das mittlerweile natürlich auch.
00:07:42: Aber gerade wenn man im Ausland unterwegs ist, merkt man oft, dass Leute überrascht sind, dass Hitler eben kein Deutscher, sondern Österreicher war.
00:07:50: Geboren in Braunau in Oberösterreich, nur etwas mehr als hundert Kilometer vom KZ Martausen entfernt.
00:07:56: Nach dem Anschluss hat die Bevölkerung in Österreich damals nachträglich noch mal mit überragender Mehrheit dafür gestimmt.
00:08:04: In einer Abstimmung, die jetzt nicht demokratisch gelaufen ist, aber trotzdem.
00:08:08: Menschenmassen jubeln dem Führer zu.
00:08:11: Der damalige Gauleiter von Obertoner, der August Eichhuber verkündet, zwei Wochen nach dem sogenannten Anschluss mit Stolz in Gmunden, Oberösterreich wird mit einem Konzentrationslager ausgezeichnet.
00:08:23: Oberösterreich bekommt ein Lager.
00:08:25: Ausgezeichnet, dieser Ausdruck verrät viel darüber, wie die Nazis die Lager damals sahen.
00:08:31: Sie waren Pristischobjekte, Auszeichnungen für die Orte, die sie bekommen.
00:08:37: Vor allem am Anfang, bevor die SS die großen Vernichtungslager errichten lässt.
00:08:42: Später, ab forty-onehundvierzig, lassen die Nazis in Mauthausen auch eine Gaskammer bauen.
00:08:47: Die Ermordung der Gefangenen wird immer wichtiger.
00:08:51: Aber erst mal soll das Lager dazu dienen, angeblich gefährliche Personen wegzusperren und gleichzeitig ihre Arbeitskraft auszubeuten.
00:09:00: Deshalb wurde das KZ auch genau in Marthausen errichtet, sagt Ferdinand Zachuber.
00:09:05: Er führt uns ein Stück weiter die Mauer entlang.
00:09:08: Vor uns geht es steil den Hang hinab.
00:09:11: Felsen ragen unten in die Höhe.
00:09:13: Weiter hinten führt eine lange Treppe mit Stufen
00:09:16: hinab.
00:09:16: Das war damals einer der größten Granitsteinbrüche in Europas.
00:09:21: In diesem Steinbruch sollte also Granite abgebaut werden.
00:09:24: Und die Nazis haben dann direkt daneben eben das KZ errichtet.
00:09:28: In August, im August, kommen die ersten Häftlinge aus Dacher, dreihundert sogenannte Kriminelle und Asoziale, also als Kriminelle und Asoziale verfolgte Häftlinge, die sind zuerst im Steinbruch.
00:09:41: Und beginnen dann selbst, müssen selbst das Lager errichten, sie bauen ihr eigenes KZ sozusagen.
00:09:46: Kriminelle und asoziale.
00:09:49: Das sind für die Nazis zum Beispiel Obdachlose oder alkoholabhängige Menschen.
00:09:54: Vor denen wollen sie die Öffentlichkeit angeblich schützen.
00:09:57: Deshalb werden die Lager auch zynisch Schutzlager genannt.
00:10:00: Zum Schutz für Volk und Staat.
00:10:03: Aber eigentlich soll hier ihre Arbeitskraft ausgebeutet werden, um Ziegel und Steine für Hitlers monumentale Bauprojekte abzubauen und herzustellen.
00:10:13: Die Idee war ja, das kommt aus Tausendjährigen Reichen.
00:10:16: Und
00:10:17: der Plan war, die Städte groß auszubauen.
00:10:20: Zum Beispiel
00:10:21: Linz.
00:10:22: Es ist kein Zufall, das Linz ganz in der Nähe ist, weil Linz Hitler Linz geliebt.
00:10:26: Und
00:10:27: man wollte diese Städte mit Granit ausbauen.
00:10:30: Granit war ein sehr wichtiges Gestein.
00:10:33: Es war so ein recht rechten Granitkult gegeben, kann man sagen.
00:10:37: Hitlers Liebe zu Linz hängt vielleicht auch damit zusammen, dass er eben selbst aus der Gegend stammt und acht Jahre in Linz gelebt hat.
00:10:45: Aber die Prestigeprojekte bleiben fast alle Fantasien.
00:10:49: Nach Ausbruch des Krieges im September neunzehntneununddreißig verändert sich der Zweck des Lagers.
00:10:54: Es werden immer mehr Menschen aus dem Osten nach Mothhausen gebracht.
00:10:58: Ab neunzehntununddzwanzig werden die Gefangenen verstärkt zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen.
00:11:04: In ganz Österreich werden weitere Außenlager gebaut, viele davon bei Rüstungskonzernen.
00:11:09: Wenige Kilometer entfernt von Mauthausen müssen die Häftlinge im Ort Guesen ein weiteres Lager errichten.
00:11:16: Dort gibt es damals vier Steinbrüche.
00:11:19: Ferdinand Zachuba zeigte uns ein Foto, stammend von der SS.
00:11:22: Man erkennt Männer in Strafkleidung, die auf den Stufen der Treppe stehen.
00:11:28: Todesstiege, so wurde die Treppe auch genannt.
00:11:31: Ganz typisch diese ... Klassische Zwangsarbeit, die wir kennen, die Vernichtung durch Arbeit.
00:11:36: Sie haben eben diese Granitblöcke am Rücken.
00:11:39: Einige stehen davor.
00:11:40: Wir sind die Uniform, die gestreifte Uniform.
00:11:43: Sie tragen den Block auf der Schulter.
00:11:45: Ohne Ausrüstung müssen die unterernährten Häftlinge im Steinbruch Schwerstarbeit verrichten.
00:11:50: Neun Stunden am Tag im Winter, mindestens elf Stunden im Sommer.
00:11:54: Viele Gefangene werden hier systematisch zu Tode geschunden.
00:11:58: Die Gedenkstätte Mauthausen hat auf ihrer Website Interviews mit Überlebenden veröffentlicht.
00:12:04: Der Zeitzeuge Solomon J. Salat wurde im August nineteenhundertvierzig nach Mauthausen gebracht und musste Zwangsarbeit im Steinbruch verrichten.
00:12:48: Solomon J. Salat ist Jude und kommt aus dem heutigen Polen.
00:12:52: Als der Zweite Weltkrieg beginnt, werden Menschen aus den besetzten Gebieten in ganz Europa nach Mauthausen und Cusen verschleppt, nicht nur Juden.
00:13:00: Eine der größten Gruppen ist Kriegsgefangene.
00:13:03: Natürlich, wenn man das wieder in den gesamten Kontext gibt, der Überfall auf Polen, es kommen massenweise Polen ins KZ Mauthausen.
00:13:11: In den Einen und vierzig beginnt der Überfall auf die Sowjetunion.
00:13:15: Massenweise Menschen kommen aus dem Osten und werden ins KZ.
00:13:20: depotiert, um hier zur Zwangsarbeit gezogen zu werden.
00:13:23: DSS unterteilt die Heftlinge in verschiedene Gruppen, je nach dem Grund für ihre Inhaftierung.
00:13:28: Neben den kriminellen und asozialen gibt es beispielsweise homosexuelle, politische Gegner, zeugen Jehovas Juden, Roma und Sinti Justizheftlinge.
00:13:39: Jede Gruppe hat eine farbliche Kennzeichnung, die die Heftlinge an ihrer Kleidung tragen müssen.
00:13:44: Also es war immer alles genau markiert und auf diese Uniformen hat man das eben genau.
00:13:48: am sehen können, wer diese Personen sind.
00:13:50: Die Kennzeichnung bestimmen auch die Überlebenschancen der Inhaftierten, weil sie je nachdem besser oder schlechter behandelt werden.
00:13:57: Sogenannte Kriminelle, das sind oft Deutsche oder Österreicher.
00:14:01: Also in dieser Hierarchie, in diesem Rassismus waren das mehr oder weniger Herrenmenschen.
00:14:07: Deswegen haben sie teilweise wichtige Positionen im Lager bekommen.
00:14:10: Und da gibt es Fälle, die haben die ganzen sieben Jahre überlebt.
00:14:12: Andere sterben am ersten Tag.
00:14:14: Über das perfide System der Nazis, so genannte Funktionshäftlinge einzusetzen, sprechen wir gleich noch.
00:14:20: Als Juden markierte Gefangene haben jedenfalls die geringsten Überlebenschancen.
00:14:25: Auch Kriegsgefangene aus der Sowjetunion sterben oft nach kürzester Zeit.
00:14:29: Insgesamt sind zwischen nineteenhundertunddreißig und nineteenhundertfünfundvierzig etwa hundertneinzigtausend Menschen im KZ Mauthausen in Guusen und in den anderen Außenlagern hinhaftiert.
00:14:40: Mindestens neunzigtausend gefangene Sterben.
00:14:43: viele durch die Zwangsarbeit, durch Mangelernährung oder Krankheiten.
00:14:47: Ungefähr zwei Drittel sind aufgrund von struktureller Gewalt zu Tode gebracht worden und ein Drittel durch direkte Gewalt.
00:14:55: Sprich Misshandlung, sprich in der Gaskammer, Exekutionen
00:14:58: und so weiter.
00:15:13: Was uns an dieser Stelle wichtig ist zu sagen, wir können euch hier im Podcast nur einen Ausschnitt unserer Eindrücke aus dem Rundgang durch die KZ Gedenkstätte geben.
00:15:22: Vieles müssen wir auslassen, sonst würde das den Rahmen sprengen.
00:15:26: Und wir haben selber gemerkt, es ist etwas ganz anderes, diese Dinge nur zu hören, als selbst vor Ort zu sein.
00:15:32: Deshalb, falls ihr noch nie in Mauthausen wart, nehmt euch unbedingt selbst mal die Zeit und an einer Führung teil.
00:15:39: Wir stellen euch den Link zur Gedenkstätte in die Show-Nauts.
00:15:43: Ferdinand Zachrober zeigt uns noch etwas vor den Mauern der Gedenkstätte.
00:15:47: Unterhalb der Straße, die wir auch mit dem Auto hochgefahren sind, liegt eine Wiese.
00:15:52: Da unten war der Fußballplatz von KZ Mauthausen.
00:15:55: Wir wissen nicht genau, wann er richtet wurde.
00:15:57: Aber es hat direkt in den Lager einen Fußballplatz gegeben.
00:16:02: Das würde ich gerne diese Mannschaft zeigen, die hier
00:16:05: gespielt hat.
00:16:07: Auf dem schwarz-weiß Bild posieren zwölf Männer.
00:16:10: In Shorts und Sportschonen einige Lächeln.
00:16:13: SS-Fußballmannschaft steht auf dem Foto.
00:16:17: Das ist der Punkt.
00:16:18: Die Psychopathen gibt es heute auch.
00:16:20: Es gibt psychisch abnormale Menschen, das ist ein kleiner Teil der Bevölkerung.
00:16:24: Natürlich sind auch Psychopathen und Satisten bei der SS gewesen, aber im Endeffekt waren sie ganz normal im Endeffekt, die irgendwie in diesem System zu Massenmördern geworden sind, vielleicht mit der Aktentasche raufgekommen sind.
00:16:37: Übrigens, nicht wundern, der Lärm, den ihr gerade in der Aufnahme gehört habt, da ist uns ein Flugzeug, das wahrscheinlich gerade Linz ansteuert, mitten durch die Aufnahme geflogen.
00:16:45: Anfangs sind es vor allem deutsche und österreichische SS-Männer, die das Lager bewachen und organisieren.
00:16:52: Später werden auch sogenannte Volksdeutsche eingesetzt, also angehörige deutschsprachiger Minderheiten aus anderen Ländern.
00:17:00: Viele der SS-Leute wohnen in Unmittelbaranier zum Konzentrationslager.
00:17:04: Unweit davon hat es eine SS-Siedlung gegeben.
00:17:07: Elfhäuser für die höheren Ränge des KZ und die haben mit der Familie dort gelebt.
00:17:13: Mit den Kindern sind da rauf und haben dann hier gearbeitet und da haben wir das Zeichen.
00:17:18: Und sind dann wieder heim zu Familien und zu den Kindern.
00:17:21: Auch sonst bemühen sich die SS-Kommandeure offenbar um einen ganz normalen Alltag in Mauthausen.
00:17:27: Spielen Fußball sogar richtige Turniere.
00:17:30: Und das war nicht irgendeine Mannschaft, sondern die war offizielle Mannschaft.
00:17:33: Sie haben in der sogenannten Regionalliga Oberdonner gespielt.
00:17:38: Oberösterreichische Regionalliga kann man sagen, also da haben wir sie dann als Oberdonner geheißen.
00:17:41: Neben dem ehemaligen Fußballplatz geht der Hügel recht steil nach oben.
00:17:46: Dort, sagt Ferdinand, war früher eine Tribüne.
00:17:50: mit hundert bis hundertfünfzig Plätzen.
00:17:53: Was heißt das?
00:17:53: Es sind hier Menschen hochgekommen, die dem Spiel zugeschaut haben, direkt beim Lager.
00:17:57: Haben sich hierhin gesetzt und haben dem Spiel beigewohnt, da zugeschaut.
00:18:03: Hier sind wir jetzt bei einer Frage, die für uns in dieser Podcast-Reihe ganz zentral ist.
00:18:09: Wie viel wusste die Zivilbevölkerung über das, was in Mauthausen passiert?
00:18:14: Neben dem Fußballfeld, erzählt Ferdinand, befindet sich damals nämlich ein ganz bestimmter Teil des Lagers.
00:18:20: außerhalb der Mauern des eigentlichen Kerzets.
00:18:23: Russenlager, so nennen es die Nazis.
00:18:25: Später wird es auch Krankenlager genannt.
00:18:28: Ob documentary werden hier arbeitsunfähige Häftlinge hergebracht, so elf Barracken gegeben und es waren zeitweise bis zu acht Tausend Menschen zusammengepfercht.
00:18:39: Achttausend Menschen.
00:18:41: Bei dieser Zahl habe ich gemerkt, dass ich schlucken muss, weil es sind ungefähr doppelt so viele Leute, wie in dem Dorf leben, aus dem ich komme.
00:18:48: Die waren da also zusammengepfercht auf einer Wiese, die nur wenig größer ist als der frühere Fußballplatz daneben.
00:18:54: Die Zustände in den Barakken sind entsprechend beengt und so katastrophal, dass die SS dort selbst nicht hineingeht, aus Angst, sich mit Krankheiten anzustecken.
00:19:04: Nach der Befreiung brennen die Alliierten diesen Teil des Lagers nieder, um zu verhindern, dass sich Seuchen ausbreiten.
00:19:10: Deshalb ist auch heute längst nicht mehr der ganze Komplex des ehemaligen Konzentrationslagers erhalten.
00:19:16: Um das sogenannte Krankenlager herum lässt die SS damals keine Mauer bauen, sondern einen Stacheldrahtzaun.
00:19:23: Das heißt, die Zuschauer, die hierher kommen, um das Fußballspiel zu sehen, blicken von der Tribüne aus direkt in die Barakten.
00:19:30: Die Straße neben dem Platz ist damals die offizielle Lagerstraße.
00:19:34: D.h.
00:19:34: die Menschen sind auch Familien da durchgegangen, sind die Straße auf und haben von oben darunter schauen können.
00:19:41: Sieben bis acht Tausend Menschen zusammengepferte Massenweise sterben.
00:19:45: Und nicht nur der direkte Blick auf die sterbenden Menschen im sogenannten Russenlager.
00:19:50: Überall sieht, hört und riecht man damals die Spuren des Massenmords, den die Nazis hier durchführen.
00:19:56: Es gibt Erzählungen von Zeitzeugenden, aus Mauthausen, so immer die schwarze Wolken im Lager.
00:20:00: Man hat immer gesehen, dass wieder verbrannt werden.
00:20:03: Es gibt auch die Erzählungen zum Beispiel von einer... Krankenschwester, die dabei ist bei der Befreiung kurz davor und sie sagt, wir können die Leute sagen, dass sie nichts davon mitbekommen haben.
00:20:13: Also diese Geschichte.
00:20:14: Sie hat das Lager schon aus Kilometer weiter entfernt und gerochen.
00:20:18: Während Ferdinand erzählt, schauen wir auf die Wiese, wovor über achtzig Jahren dieses Krankenlager stand.
00:20:25: Wir wissen natürlich seit der Schulzeit, welche Verbrechen die Nationalsozialisten begangen haben.
00:20:30: Aber
00:20:30: hier an einem der Orte zu stehen, an denen diese Dinge tatsächlich passiert sind, macht das Grauen noch einmal unmittelbarer und gleichzeitig unbegreiflicher.
00:20:41: Wie kann es sein, dass sich die Menschen aus der Gegend Fußballspiele angeschaut haben und dabei zusahen, wie Gefangene hinter Stacheldraht vor sich hinsterben mussten?
00:20:52: Wie viel hat die Zivilbevölkerung mitbekommen von den Verbrechen in Mauthausen?
00:20:57: Wie viele Nachbarn haben die Gewalt gut geheißen und wie viele normale Bürger haben sich sogar selbst daran beteiligt, wenn sie die Gelegenheit bekamen.
00:21:20: Knapp elf Kilometer von Mauthausen entfernt liegt der Ort Schwertberg.
00:21:24: Er gehört zum Mühlviertel, so wird die gesamte Region hier im Norden Oberösterreich genannt.
00:21:31: In einem Haus mit gelber Fassade lebt seit ninety-vier Jahren Anna Hacke.
00:21:41: Vor uns steht eine zierliche kleine Frau mit weißem Haar.
00:21:45: Sie trägt einen rosafarbenen Strickpolover,
00:21:48: ein
00:21:48: geblümtes Halstuch und eine Kette mit einem Kreuz.
00:21:57: Mit ihren vier neunzig Jahren wirkt Anna Hackel echt noch fit, wie sie so in der Küche herumwuselt und uns ein Glas Wasser einschenkt.
00:22:05: Nur an ihrer Stimme hört man, wie alt sie ist.
00:22:07: Ich muss mich ehrlich gesagt auch ziemlich anstrengen, um ihren oberösterreichischen Dialekt zu verstehen, aber zum Glück ist Antonia ja als Dolmetscherin dabei.
00:22:15: Ja, und wir sind wirklich wahnsinnig froh, dass wir Anna Hackel für den Podcast treffen können.
00:22:20: Denn sie ist eine der letzten Zeitzeuginnen der sogenannten Müllviertler Hasenjagd.
00:22:25: Der jagt auf Menschen, bei der ganz normale Nachbarn plötzlich zumördern wurden.
00:22:30: Der Begriff Hasenjagd, das müssen wir an der Stelle vielleicht gut sagen, ist übrigens ein sogenannter Täterbegriff.
00:22:35: Also, er wurde von den Nationalsozialisten eingeführt.
00:22:38: Es ist wichtig, dass man solche Begriffe nicht einfach unhinterfragt übernimmt.
00:22:41: Wir werden dann in Folge zwei noch mal darauf eingehen, warum wir ihn trotzdem in manchen Fällen verwenden.
00:22:47: Auch wenn Anna Hackel schon alt ist, sie erinnert sich noch sehr gut an das, was damals passiert ist.
00:22:53: Na, wir waren schon heute noch mal so wie die Bilder von mir.
00:22:58: Weil das hat mich so geprägt.
00:23:02: Sie führt uns ins Wohnzimmer.
00:23:03: an der Wand hängen Familienfotos.
00:23:08: Ihre Familie, die Kinder, die Brüder, die Schwestern.
00:23:12: Neben Familienfotos hängen da auch Bilder von Audienzen beim Papst.
00:23:17: Die Familie ist tief katholisch.
00:23:19: Wir setzen uns an die Eckbank am Tisch.
00:23:21: Das Wohnzimmer ist heimlich eingerichtet, dunkle Holzmöbel, an den Fenstern hängen weiße Hekelvorhänge, kleine Figuren stehen auf den Ablagen.
00:23:30: Auf der Bank liegt ein Kissen, gebastelt von den Enkelkindern.
00:23:34: Anna Hackel, geborene Langtaler, hat ihr ganzes Leben in diesem Haus gewohnt.
00:23:39: Sie kommt im Jahr nineteenhundertdreißig zur Welt.
00:23:42: Als Adolf Hitler den Anschluss Österreichs verkündet, ist sie noch ein Kind.
00:23:47: Meine Mutter war so und so eine Gegnerin.
00:23:53: Ihre Mutter, Maria Langtaler, ist eine sehr gläubige Frau.
00:23:56: Sie verachtet Adolf Hitler von Beginn an.
00:23:59: Der Vater dagegen tritt nach dem Anschluss, der NSDAP bei, sowie insgesamt fast siebenhunderttausend, der etwa sieben Millionen Österreicherinnen und Österreicher.
00:24:10: Die Tochter Anna Hackel hat noch acht Geschwister.
00:24:13: Die Bauernfamilie lebt ein einfaches, ein hartes Leben auf dem Hof.
00:24:18: Es war früher so und so alles anders.
00:24:23: Was ausguckt, was bei der Landwirtschaft usw.
00:24:29: Hände schmauch am
00:24:30: Essen.".
00:24:32: Über Politik wird am Familientisch nicht viel gesprochen, sagt Anna Hackel.
00:24:36: Aber als die deutschen Truppen in Österreich einmarschieren, erinnert sie sich noch daran, wie ihre Mutter vor Hitler warnt.
00:24:46: Mehrere der Söhne werden im Krieg eingezogen.
00:24:49: Von dem, was elf Kilometer entfernt im Konzentrationslager passiert, habe sie als junges Mädchen lange Zeit nichts mitbekommen, sagt Anna Hackel.
00:25:03: Erst gegen Kriegsende, so erinnert sie sich, habe ihr Vater einmal zu Hause von etwas Schrecklichen berichtet.
00:25:11: Davon, was er in Mauthausen gesehen habe.
00:25:14: Die Nazis hätten Gefangene vom Bahnhof aus durch den Ort die Straße hinaufgetrieben.
00:25:23: Kleine Kinder, schwangere.
00:25:26: Menschen, die teils so geschwächt sind, dass sie kaum noch gehen können.
00:25:34: So habe ich ihr Vater erzählt.
00:25:50: Was danach mit den Leuten passiert sei, das habe auch ihr Vater nicht gewusst.
00:25:55: sagt Anna Hackel.
00:26:08: Mit den Nachbarn spricht die Familie nicht darüber, warum in der Umgebung massenhaft Menschen durch die Straßen getrieben werden, sagt sie.
00:26:16: Jedenfalls, soweit sie sich der Renner erinnern kann.
00:26:25: Sie war zu Kriegsanfang ja noch ein kleines Mädchen.
00:26:28: Aber eines hat Anna Hackel trotzdem bis heute vor
00:26:33: Augen.
00:26:48: Die
00:26:55: Geschehnisse nach der Massenflucht, die Anna Hackel als junges Mädchen hautnah miterlebt, wie sie sagt.
00:27:01: Denn ihre Familie wird sich den Befehlen der SS widersetzen, zwei der Geflüchteten bei sich verstecken und dabei das eigene Leben riskieren.
00:27:18: Zurück einige Kilometer weiter in Mauthausen.
00:27:22: Ferdinand Zachuber von der Gedenkstätte führt uns durch die Tore am Eingang des ehemaligen Konzentrationslagers.
00:27:29: Vor uns liegt ein riesiger Hof, der sogenannte Appellplatz.
00:27:33: Rechts und links stehen Barakken, in denen damals die Heftlinge untergebracht wurden.
00:27:39: Vier Kilometer entfernt liegt der Bahnhof.
00:27:42: Von dort aus wurden die Menschen durch die Ortschaft getrieben, die Straße hinauf durch das Eingangstor.
00:27:48: Dahinter mussten sie sich an der Mauer aufstellen und sich ausziehen.
00:27:52: So erzählt es auch der überlebende Solomon J. Salat.
00:28:06: Die Ankömmlinge stehen vor dem Abgang in ein Keller, wissen nicht, was auf sie zukommt.
00:28:16: Die
00:28:22: Häftlinge müssen sich ausziehen.
00:28:24: Sie werden mit eiskaltem Wasser abgespritzt und dann rasiert.
00:28:28: Danach bekommen sie eine Nummer.
00:28:30: Und viele überlebende Berichten, dass das ihre dramatisierendste Erfahrung war im Lager.
00:28:34: Sie haben danach alles Mögliche erlebt natürlich im Lager.
00:28:38: Aber das hat sie am schlimmsten mitgenommen.
00:28:40: Sie erzählen immer wieder von dieser Geschichte der Ankunft.
00:28:43: Bei dieser Ankunft teilt die SS die Gefangenen dann in Gruppen ein.
00:28:47: Eben nach dem Grund ihrer Inhaftierung.
00:28:49: Um im Lager für Ordnung zu sorgen, setzt die SS sogenannte Funktionsheftlinge ein, darunter auch Kapos.
00:28:57: Sie sind etwas besser gestellt als die anderen Gefangenen und werden in der Regel aus der Gruppe der deutschsprachigen Kriminellen rekrutiert.
00:29:05: Ein Fakt ist, dass eigentlich nur sehr wenige SS-Männer im Endeffekt in dieses sogenannte Schutzhoflagerein gehen durften.
00:29:12: Das war eine ganz strenge Regel.
00:29:13: Das wurde verwaltet, kann man sagen, zum guten Teil von Heftlingen.
00:29:19: Ferdinand Zachuba zeigt uns eine der Barakken, in dem die Häftlinge untergebracht wurden.
00:29:24: Ein langer, leerer Raum mit Holzdielen.
00:29:34: Wie viele Menschen in den Barakken untergebracht wurden, dazu gibt es keine genauen Zahlen.
00:29:38: Einige Überlebende sprechen von bis zu zweitausend Inhaftierten gleichzeitig.
00:29:43: In den Stockbetten schlafen jeweils mindestens zwei Menschen auf einer Pritsche, teilweise auch mehr.
00:29:49: Zum Ende müssen die Gefangenen wegen der Überfüllung am Boden schlafen.
00:29:53: Die Menschen wurden mit dem Kopf von Fuß so eng wie es geht am Boden, geschlichtet, unglaubliche Zustände.
00:29:58: Und die SS ist auch hier nicht reingegangen.
00:30:01: Den Häftlings-Alltag beschreibt Ferdinandin etwa so.
00:30:05: Im Sommer werden die Menschen um vier Uhr und vierzig geweckt, bekommen sogenannten Ersatzcafé.
00:30:10: Es hat
00:30:10: meistens nichts mit Kaffee zu tun gehabt, sondern war einfach in so einem schwarzen Sud, mehr oder weniger wie ein braunes Wasser.
00:30:16: Teilweise haben sie die Möglichkeit, sich kurz zu reinigen, wobei die Sanitäranlagen auch durchgehend überfüllt sind.
00:30:22: Für viele war es auch vielleicht der Überlebensstrategie, sich jeden Tag wieder ein bisschen zu waschen, weil sie haben gesagt, ich habe Familie daheim, ich überlebe das.
00:30:31: Ich muss mich jeden Tag reinigen für meine Familie.
00:30:33: Die Menschen, die aufgegeben haben, die haben wir erkannt meistens, die hatten einen eigenen Begriff.
00:30:38: Muselmänner haben wir die genannt, die sind im Lager herumgewandert.
00:30:42: wo man schon erkannt hat, angeblich, dass sie kurz vor ihrem Tod sind und war dann meistens auch so.
00:30:47: Danach werden die Heftklinge von den K-Pos nach draußen getrieben auf den sogenannten Appellplatz.
00:30:52: Dort müssen sie sich aufstellen und werden von den SS-Männern durchgezählt.
00:30:56: Dann sind sie sofort in fünf Reihen eben unterschreien, eben zum Arbeitseinsatz getrieben worden.
00:31:02: Und dann sind sie nach elf, zwanzig Stunden wieder zurück und haben sich wieder hinstellen müssen.
00:31:09: Und das hat teilweise wirklich ewig lange gedauert, der Abendappel.
00:31:13: Sie mussten teilweise noch Schikanen erleben, in der Mitte befohlen, Liegestütze zu machen, alle möglichen so Box springen.
00:31:22: Der Appellplatz war ein Ort der Kontrolle für die SS.
00:31:26: Mittags bekommen die Gefangenen oft eine Suppe aus Gemüse, häufig auch nur Kartoffelschalen.
00:31:31: Am Anfang war es noch mehr.
00:31:33: Dann gegen Ende mit der Überfüllung hat es vielleicht gar nichts mehr gegeben.
00:31:37: Dazu war es oft auch ein Brot gegeben, das war das sogenannte Russenbrot, teilweise vermengt mit Sägelspinnen und natürlich immer verdorben auch.
00:31:44: Also schlechtes Essen, die Menschen haben in ihrer arbeitsfreien Zeit, wenn sie Glück gehabt haben, hat sie eine arbeitsfreie Zeit gegeben am Abend, kurz bevor sie wieder in die Baracke getrieben wurden.
00:31:53: Und da haben sie sich auf Essensuche übergeben.
00:31:55: Allesmögliche, also Nahrung war überlebenswichtig und das war immer ein Mangel an Nahrung.
00:32:00: Der ungarische Jude Robert O. Fisch hat das Konzentrationslager Mauthausen, das Außenlager Gunskirchen und ein Todesmarsch überlebt.
00:32:08: Später hat er ein Buch über seine Erfahrung geschrieben.
00:32:12: Es heißt, Licht vom gelben Stern funken der Menschlichkeit in der Zeit des Holocaust.
00:32:19: Fisch beschreibt darin vor allem die Momente von Liebe und Mitmenschlichkeit in all dem Grauen.
00:32:24: Aber natürlich gibt sein Buch auch den Schrecken im Konzentrationslager wieder.
00:32:29: Seine Ankunft in Mauthausen beschreibt er so.
00:32:47: Ferdinand Zachuba führt uns auch zum Tötungsbereich im ehemaligen KZ.
00:32:52: Ein extrem beklemmender Ort.
00:32:55: Schon in Mauthausen wird das erste Krematorium gebaut, weil immer mehr Menschen im Lager sterben.
00:33:02: Da wird der Tötungsbereich errichtet, ein eigener Raum, ein Hinrichtungsraum.
00:33:06: In diesem Raum war eine Genickschussecke und ein Galden.
00:33:11: Da wird die Gaskammer in Betrieb genommen.
00:33:14: Noch im selben Jahr lassen die Nazis ein weiteres Krematorium bauen, dann noch eins.
00:33:19: Wir sehen immer mehr Krematorien, es zeigt einfach diese Radikalisierung hinzu.
00:33:23: Absoluten Chaos am Schluss.
00:33:26: Und
00:33:26: da habe ich gesehen, wie die Leute heringerichtet werden.
00:33:31: Ich habe es selbst
00:33:32: gesehen und
00:33:32: der Toten transportiert auf einen sogenannten Karrenwagen zum Krematorium.
00:33:39: Wie sie erschossen
00:33:40: werden, wie sie erschlagen werden, erschossen werden,
00:33:42: wie in eine Müsse
00:33:43: weggeworfen werden und dann erschossen
00:33:45: werden.
00:33:45: Das habe ich alles
00:33:46: miterlebt in dieser Zeit.
00:33:48: So erinnert sich der überlebende Hans Marscherleck, der im September nineteenhundertzweiundvierzig nach Mauthausen überstellt wurde.
00:33:55: Er hat später dann übrigens auch die Gedenkstätte Mauthausen maßgeblich mit aufgebaut.
00:34:00: Insgesamt wurden mindestens dreitausendfünfhundert Gefangene in der Gaskammer von Mauthausen ermordet, vermutlich mehr.
00:34:07: Zum Kriegsende sterben zudem hunderte Menschen bei den sogenannten Todesmärschen in Richtung Mauthausen.
00:34:14: Die Front rückt immer näher, weil die Außenlagerteilweise aufgelöst werden, treiben die Nazis zehntausende Heftlinge quer durch Österreich.
00:34:22: Auf den tagelangen Fußmärschen müssen Männer, Frauen und Kinder im Freien übernachten.
00:34:27: Auch darüber schreibt Robert Ofisch in seinem Buch.
00:34:30: Im tiefsten Winter,
00:34:31: in der wir vom Morgengrauen
00:34:34: bis zum Sonnenuntergang fast
00:34:35: drei Monate lang
00:34:36: am Rande der Alpen marschierten.
00:34:38: Manchmal liefen wir tagelang ohne Essen oder Wasser.
00:34:41: Wenn jemand Niedersank wurde er erschossen.
00:34:43: Wir hatten nichts zum Anziehen.
00:34:47: Gegen Ende unserer Führung zeigt Werden an Zachhuber uns noch den Ort, der uns zurück zum Ausbruch und zur Geschichte von Anna Hackels Familie führt.
00:34:57: Vom Hof aus biegen wir links ab, an einer Wiese vorbei, wo heute ein kleiner Friedhof steht.
00:35:03: Dahinter liegt noch ein Bereich mit einer Wiese, die etwas erhöht ist.
00:35:07: Sieht relativ unspektakulär aus.
00:35:10: Aber kurz vor Kriegsende wurden hier ganz besondere Kriegsgefangene untergebracht.
00:35:15: Ja, es waren eben im Februar nineteen-fünfundvierzig etwa fünfhundert sowjetische Offiziere, hohe militärankehörige hier, inhaftiert, sogenannte K-Heftlinge, Kugel-Heftlinge, also der Name sagt sich schon, was mit ihnen passieren sollte.
00:35:31: Die Heftlinge hier wurden als besonders gefährlich eingestuft.
00:35:34: Einziges Ziel der Nazis war es, sie im Lager zu erschießen oder sie anderweitig sterben zu lassen.
00:35:40: Die Versorgung war, Unzureichend, bis gar nicht mehr vorhanden.
00:35:44: Und ja, katastrophale Zustände, einfach auch fünfhundert Menschen hier zusammengepfercht.
00:35:49: Block zwanzig, so wurde dieser isolierte Lagerbereich genannt.
00:35:53: Oder auch Todesblock.
00:35:56: Antonia und ich stehen direkt an der Mauer mit Stacheldraht.
00:36:00: In der Nacht zum zweiten Februar, nineteenhundertfünfundvierzig, gelingt es hunderten Blockzwanzig-Heftling hier, über die Mauer zu steigen.
00:36:08: Sie greifen die Wachen an, überwinden den Stacheldraht und fliehen in die eisige Nacht.
00:36:15: Doch nur den Wenigsten von ihnen wird die Flucht gelingen.
00:36:19: Aber darüber sprechen wir in der nächsten Folge von Inside Austria.
00:36:36: Unsere journalistische Arbeit könnt ihr am besten mit einem Abonnement unterstützen.
00:36:40: Alle Infos zu einem Standard-Abo findet ihr auf arbo.destandart.at.
00:36:44: Und unsere Hörerinnen und Hörer können mit dem Rabattcode Standard vier Wochen lang das Angebot von Spiegel Plus für nur ein Euro pro Woche testen.
00:36:52: Alle Infos dazu gibt es auf spiegel.de.
00:36:55: Alle Links und Infos stehen wie immer auch in den Shownotz dieser Folge.
00:36:58: Und weil jetzt gegen Jahresende viele von uns wieder bei Spotify rappt, ihre meistgehörten Podcast eingespielt bekommen, wir freuen uns übrigens auch, wenn ihr die auf Social Media teilt und uns vielleicht verlinkt.
00:37:09: Ja, danke fürs Zuhören und allen, die auch hinter den Kulissen an diesem Podcast mitwirken.
00:37:13: Es waren diesmal vor allem Svenja Jäger, Daniel Retschitzegger, Sven Preger und Christoph Neuwirt.
00:37:19: Ich bin Lucia Heisterkamp.
00:37:21: Ich bin Antonia
00:37:21: Raut.
00:37:22: Wir sagen Tschüss und Papa.